FRAMING UND RADIKALISIERUNGSPRÄVENTION. WIE SPRACHE UNSER Denken und HANDELN BEEINFLUSSEN KANN UND WIE WIR DIES IN DER PRAXIS UMSETZEN KÖNNEN. TEIL II

03.11.2022, von 09.30 Uhr bis 14.30 Uhr in der Siemens-Villa Berlin, Calandrellistraße 7, 12247 Berlin


Worte schaffen Bilder. Im Kontext der Radikalisierungsprävention sind Fachkräfte immer wieder mit der Frage konfrontiert, wie sie trotz bestehender Frames eine möglichst diskriminierungssensible Sprache verwenden können. Welche Begriffe sind geeignet und wieso? Was sollte bei der Wortwahl bedacht und berücksichtigt werden? Welche Grenzen und Hindernisse gibt es? Und welche konkreten Ideen lassen sich für die pädagogische Praxis ableiten?

 

Nachdem wir im vergangen Herbst in unserem ersten gemeinsamen Workshop mit der Sprachwissenschaftlerin und Gründerin des Instituts für Medienverantwortung Frau Prof. Dr. Sabine Schiffer bereits den theoretischen Zusammenhang und das Spannungsfeld von Framing und Sprache erörtert haben, möchten wir in diesem Workshop nun die Brücke zur praktischen Umsetzung schlagen und den oben aufgeführten sowie weiteren Fragen nachgehen.

 

Wir laden Sie herzlich ein, mit uns Ideen zu sammeln und gemeinsam über die Umsetzung von möglichst praxisnahen Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren. Zu Beginn des Workshops werden wir die wichtigsten Erkenntnisse des ersten Workshops wiederholen, die Teilnahme am ersten Teil des Workshops ist demnach keine Voraussetzung.


Prof. Dr. Sabine Schiffer

Sprachwissenschaftlerin und Gründerin des Instituts für Medienverantwortung, Promotion zur Islamdarstellung in den Medien und seit 2018 Professur für Journalismus und Kommunikation an der HMKW Frankfurt/Main

 

Schwerpunkte:

  • Medien- und Diskursanalysen, u. a. Framing-Analyse zu Islam in den Medien
  • strategische und interkulturelle Kommunikation
  • diskriminierende öffentliche Diskurse wie Antisemitismus, Sexismus, Ageismus u. a.
  • Forschung zu Vierter und Fünfter Gewalt
  • Analyse Kriegsmarketing, Friedensjournalismus
  • Antidemokratisierungsprozesse, konstruktiver Journalismus
  • Bildungsfragen (Spracherwerb, Medienbildung, Werteerziehung, Medienbildung)
  • Umwelterhalt, Energiewende u. v. m.

kurzzusammenfassung des workshops

Im Fachvortrag von Prof. Dr. Sabina Schiffer und der anschließenden Gruppenarbeitsphase und Diskussion wurde deutlich, welche Macht Sprache mit sich bringt. Framing ist dabei ein Phänomen, welches unvermeidbar an Sprache gebunden ist. Es ist nicht möglich nicht zu framen, so wird ein Sachverhalt immer in ein bestimmtes Bedeutungsfeld gebettet und führt zu einer bestimmten Rahmengebung, die nicht selten auf strukturellen Problematiken beruht. Daher ist es von großer Bedeutung, besonders im Bereich der Radikalisierungsprävention, wo der Grad zwischen angemessener Ansprache der Zielgruppe und möglichen Stigmatisierungen oder Diskriminierungen schmal ist, eine reflektierte Sprache zu wählen. Im Bereich der Sekundarprävention fühlen sich zudem viele Betroffene von einem radikalisierungspräventiven Projekt nicht angesprochen, da der Anschluss an eine radikale Gruppe subjektiv nicht als bedrohlich (wie es das Wort Radikalisierung implementieren würde), sondern zunächst als Entlastung oder Wohlgefühl empfunden wird. Auf der anderen Seite benötigen wir im fachlichen Diskurs und vor allem in der Wissenschaft, eindeutige Begriffe, um präzise kommunizieren zu können, um Sachverhalte voneinander unterscheiden zu können und nicht zuletzt, um entsprechende Fördergelder zu beantragen. Ein Spannungsfeld, welches kaum zu überwinden scheint.

 

Dazu wurden im fachlichen Vortrag von Prof. Dr. Schiffer unterschiedliche Aspekte des Framings dargestellt. Beispielsweise können Sachverhalte durch Framing eine Rahmengebung bekommen, die der tatsächlichen Situation nicht gerecht wird (Shaping Narrativ), Stereotype und Vorteile werden durch entsprechende Bilder reproduziert (Visual Framing), oder der Inhalt eines Begriffs wird entwertet (Strategisches Framing). Um problematische Framings zu erkennen und gegebenenfalls zu vermeiden wurden im Anschluss drei Analyse-Hilfen vorgestellt. Dazu gehörten die Gegenprobe, bei der überprüft wird, ob eine Äußerung in einem veränderten Kontext noch Sinn ergibt (gemäßigter Islam vs. gemäßigtes Christentum). Eine weitere Analyse-Hilfe war die Prämissenanalyse, bei der festgestellt werden kann, ob beispielsweise eine Frage nach einem Sachverhalt bereits eine bestimmte Aussage beinhaltet ("Wie gefährlich ist der Islam?"). Als letztes wurde die Narrativ-/Wortfeld-Analyse vorgestellt, bei der es um ein Kosten-Nutzen Kalkül geht. Beispielhaft hierfür ist der Satz: „Wir brauchen muslimischen Religionsunterricht an Schulen, damit wir die Schüler:innen nicht den radikalen Moscheen überlassen.“. Etwas, das den Betroffenen laut Grundrecht zusteht, würde man ihnen gewähren, aber nur um etwas zu kontrollieren, das ihnen unterstellt wird.

 

In der anschließenden Gruppenphase wurden verschiedene Begrifflichkeiten und Aussagen bezüglich Framing analysiert und aufgebrochen. Dazu wurde diskutiert, wie bestimmte Sachverhalte inklusiver und weniger stereotypisierend formuliert werden können. Sprache kann abschrecken und ausgrenzen, gleichzeitig kann Sprache aber auch Zugang schaffen. Um möglichst wenig diskriminierend und ausgrenzend zu wirken, können die vorgestellten Analyse-Hilfen dabei helfen, problematische Begrifflichkeiten zu identifizieren und sie zu ersetzen. Gelingt dies nicht, werden junge Menschen womöglich nicht erreicht oder wenden sich ab, bevor ein Kontakt entstehen konnte. Aus diesem Grund ist es wichtig, mit Sprache Zugang und Zugehörigkeit zu schaffen statt Stigmata und Vorurteile zu (re-)produzieren.

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Ausführliche Darstellung der Workshopergebnisse zum Download
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Framing - Prof. Dr. Sabine Schiffer
Präsentation Framing Prof. Dr. Schiffer.
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